Verschiedene Gemüsesorten, denen mit Strichlinien Arme und Hände gemalt wurden, und die durchs Bild laufen

Aus dem Schulgarten der Waldbachschule direkt auf den Teller (Bad König-Zell)

Den Tag der Schulverpflegung 2021 nahm die Grundschule aus Bad König-Zell (Odenwaldkreis) zum Anlass, das Thema „Gemeinsam Lebensmittel wertschätzen – Schulgemeinden und ‐träger packen’s an!“ in allen vier Jahrgangsstufen aufzugreifen.

Lesedauer:5 Minuten

„Bildung für nachhaltige Entwicklung“ unserer Schulkinder ist ein selbstverständlicher Teil unserer täglichen Arbeit in der Waldbachschule.

Andrea Böhme Waldbachschule

Eckdaten der Schule

Schule:                           Waldbachschule

Schulprofil:                    Ganztagsschule im Profil 1

Anschrift:                        Zell, Faltenweg 22, 64732 Bad König

Schulleitung:                 Andrea Böhme

Schulträger:                   Kreisausschuss des Odenwaldkreises

Schulart:                        Grundschule

Schülerschaft:               62 Schülerinnen und Schüler

Anzahl Essen pro Tag: durchschnittlich 28

Verpflegungssystem:   Warmverpflegung über Frischküche der Kita in der Trägerschaft des Schulfördervereins

Das Interview

Selbst Nahrungsmittel mit frischen Zutaten aus der Region zubereiten – darum drehten sich die Aktionen der Waldbachschule zum Tag der Schulverpflegung 2021. Schulleiterin Andrea Böhme gibt einen Einblick in die Aktivitäten der kleinen Dorfschule, die schon sehr lange einen Schulgarten bewirtschaftet und das Thema Nachhaltigkeit immer wieder in vielen Fächern und verschiedenen Arbeitsgemeinschaften (AGs) aufgreift.

Praktische Ernährungsbildung, Schulgarten, Verarbeitung regionaler Lebensmittel, Bildung für nachhaltige Entwicklung

Wir haben nachgefragt!

In unserem Schulgarten haben wir mit den Kindern Brombeeren, Äpfel und Zwetschgen geerntet und zu Gelee oder Marmelade weiterverarbeitet. Aus Kürbissen und Zucchini, die ebenfalls in unserem Schulgarten angebaut werden, wurden leckere Gemüsesuppen gekocht. Die Kinder machten selbst Butter, die dafür benötigte Milch bzw. Sahne stammte vom Bauern vor Ort. Und aus Vollkornmehl einer regionalen Mühle wurde Brot gebacken. Natürlich wurden die Lebensmittel nicht nur geerntet und verarbeitet – die Schülerinnen und Schüler probierten auch ihre selbst hergestellten Produkte.

Die Klassenaktionen fanden auf zwei Donnerstage verteilt Ende September statt. Ganztagskinder aus den verschiedenen Klassen durften jeweils am Nachmittag des Vortags den Brotteig rühren und das Brot backen. So stand in den Frühstückspausen am 23. und 30. September jeweils für zwei Klassen frisches selbst gebackenes Brot mit eigens geschüttelter Butter sowie selbst gekochte Marmelade und Gelee aus Früchten auf dem Speiseplan, die aus dem eigenen Schulgarten stammen. Nach der Stärkung mit leckerem Marmeladenbrot haben die Kinder Gemüse geschnitten, zerkleinert und püriert, bevor zum Mittagessen frische Kürbis- und Zucchinicremesuppe gekostet werden konnte.

Wir haben die Aktivitäten mit insgesamt 59 Kindern der Jahrgangsstufen 1 bis 4 durch­geführt. Die Lehrkräfte wurden hierbei von Ganztagsmitarbeitenden unterstützt. Für die Zubereitung der Butter und der Gemüsecremesuppen wurden etwa zwei Unterrichts­stunden an den betreffenden Tagen benötigt. Da wir coronabedingt zu dieser Zeit immer im Wechsel mit zwei Klassen zum Sportunterricht in die Sporthalle nach Bad König fuhren, fand die Aktion statt, als die jeweiligen beiden Gruppen nicht mit Sportunterricht in der Halle dran waren. Somit wurden insgesamt zwei Stunden Bewegungszeit für diese gesunde Aktion verwendet.

Mit den Aktionstagen wollten wir den Kindern zeigen, welche Nahrungsmittelschätze im (Schul-)Garten zu finden sind und wie einfach es ist, aus frischen Zutaten ein leckeres und gesundes Frühstück und Mittagessen zuzubereiten. Die Schülerinnen und Schüler konnten den kurzen Weg von Gemüse in unserem Garten bis in den Kochtopf verfolgen und haben erlebt, wie einfach Gemüsesuppen zuzubereiten sind, die zudem lecker schmecken. Uns war es wichtig, die Kinder durch das Projekt dafür zu sensibilisieren, dass bei der Verarbeitung von selbst angebautem Gemüse kein Transport erforderlich und zudem ganz frisch, gesund und preiswert ist. Auch beim Schleudern von Butter aus selbstgewonnener Sahne wollten wir einen Einblick in die Herstellung von Butter geben und haben den Geschmack von frischer selbst gemachter Butter kennen und schätzen gelernt. Um möglichst vielfältige Eindrücke zu vermitteln, haben wir auch zusammen Brot aus regionalen Zutaten gebacken und das lecker duftende Brot anschließend probiert.

Mit unserem Projekt wollten wir die Vorteile von Kauf und Verarbeitung regionaler Nahrungsmittel vermitteln und den Schülerinnen und Schülern verdeutlichen, dass die Verwendung regionaler Lebensmittel ein Beitrag zum Klimaschutz leistet. Durch die Sensibilisierung für diese Themen und die eigenen Erfahrungen vom Anbau bis zur Verarbeitung von Lebensmitteln können die Kinder besser nachvollziehen, unter welchen Bedingungen ein Produkt gewachsen ist bzw. hergestellt wurde. Mit den durchgeführten Aktionen haben wir somit ein Beitrag zur Lebensmittelwertschätzung beigetragen.

Wichtig ist, dass die Verantwortlichkeit für den Schulgarten geregelt ist. An unserer Schule ist Ganztagsmitarbeiterin Erika Volk dafür zuständig. Sie kümmert sich um alles rund um den Schulgarten. In jedem Schuljahr leitet sie eine Schulgarten-AG, sodass es auch immer für den Garten zuständige Schülerinnen und Schüler gibt, die hierfür die Verantwortung über­nehmen.

Bei der Entstehung des Gartens war die ehrenamtliche Unterstützung sehr hilfreich, die wir für sämtliche Vorarbeiten erhielten (beispielsweise Vorbereitung des Bodens mit einem Traktor, Lieferung von Mutterboden und weiterem Bodenmaterial, Beschaffung von Hack­schnitzeln für die Wege, Bambusspende für ein Hochbeet oder die Anschaffung einer Gartenhütte durch eine Stiftung). In Wochenkreisen mit allen Kindern werden geerntete Produkte gezeigt und es gibt auch immer wieder einmal kleine Kostproben, sodass allen Schulkindern der Mehrwert durch einen Schulgarten deutlich wird.

Das ganze Jahr über muss geregelt sein, wer etwas sät, hegt, pflegt, erntet und verarbeitet, da wir Wert darauf legen, dass nichts verdirbt. Auch die Bewässerung in den Sommerferien darf nicht vergessen werden und muss geregelt werden. Diese Aufgabe sollten optimaler­weise Kinder und Eltern übernehmen, die vor Ort wohnen und sich abwechseln – allerdings stellt dies immer wieder auf‘s Neue eine Herausforderung dar. Auch bei der Bewässerung achten wir auf Nachhaltigkeit: Das Regenwasser wird aus der Dachrinne in ein großes Fass geleitet, aus dem dann Wasser zum Gießen entnommen wird. Natürlich hängt es stark vom Wetter ab, ob und wie viel gegossen werden muss. Im letzten Sommer beispielsweise musste kaum jemand zum Gießen vorbeikommen.

Unsere Aktion wurde auf Elternabenden angesprochen und darüber hinaus in einer Pressemitteilung kommuniziert. Einen kleinen Eindruck der Aktivitäten vermittelt eine Diashow, die auf unserer Homepage zum Anschauen bereitsteht. Unsere Website habe ich selber gestaltet und bei der Einrichtung darauf geachtet, dass leicht Änderungen und Anpassungen vorgenommen werden können. So können wir verschiedene Einblicke beispielsweise in Projekte und AGs geben.

Jährlich erwerben unsere Schulkinder der dritten Klasse den Ernährungsführerschein. Hierfür müssen Zutaten besorgt werden, die wir von dem Preisgeld bezahlen. Außerdem gibt es ab Februar eine Garten-Koch-AG, geleitet von Frau Volk, in der regelmäßig Essen zubereitet wird. Hiervon sollen auch immer einmal wieder alle Essenskinder im Ganztag profitieren und auch dafür müssen ergänzende Zutaten gekauft werden.

An der Garten-Koch-AG nehmen coronabedingt derzeit nur die Kinder aus der zweiten Klasse teil. Dabei wird verarbeitet, was im Garten wächst – und da es im Sommer hier naturgemäß eine vielfältigere und bunte Auswahl gibt, greifen wir Winter öfter auf eingefrorene Ernte zurück. So können wir bspw. auch in den Wintermonaten eine reichhaltige Gemüsesuppe kochen. Im Sommer finden sich im Schulgarten viele verschiedene Beeren, die dann zu Gelee verarbeitet werden und wir ernten gemeinsam Kürbisse und Zucchini. Allerdings müssen auch Zukäufe von Lebensmitteln erfolgen, wenn die Ernte nicht ausreicht, oder wie in den Wintermonaten nicht zur Verfügung steht. Aktuell besteht die Idee, dass wir mit einem örtlichen Supermarkt zusammenarbeiten. In Planung ist eine Abholung von nicht mehr verkäuflichem Obst und Gemüse am Abend vor der AG – ggf. kann die Abgabe der Lebensmittel kostenlos oder zu einem geringeren Preis erfolgen. Die AG findet einmal wöchentlich an einem festen Tag für 60 Minuten statt. Damit die Zeit für das gemeinsame Kochen ausreicht, planen wir im Vorfeld Rezepte für die Umsetzung.

Eine weitere AG hat sich aus den Anregungen der Viertklässler ergeben. Diese wünschten sich nicht nur zu kochen, sondern auch zu backen. Dadurch entstand die Koch-Back-AG, an der fast alle Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse teilnehmen. Geleitet wird die AG von Laura Wamsser, der Klassenlehrerin. Die Kinder haben hier die Möglichkeit, dank einer guten medialen Ausstattung mithilfe von Tablets nach Rezepten und Zutaten selbstständig zu recherchieren. Einige Ideen an ergänzenden Kochutensilien für die Hände der Kinder haben wir auch noch und freuen uns, diese anschaffen zu können.

Das Thema Nachhaltigkeit liegt uns am Herzen und wird regelmäßig fächerübergreifend, bspw. im Sachunterricht, Kunst, Religion oder Deutsch aufgegriffen. Darüber hinaus bieten wir auch verschiedene AGs an, an denen die Kinder teilnehmen können. Von Natur oder Wald über Imkern bis hin zum „Garten in den Topf“ ist für jeden etwas dabei.  Ergänzend finden Aktionen, wie die im Rahmen der Aktionswoche „Deutschland rettet Lebensmittel“ bzw. des Tags der Schulverpflegung statt.

Wir können die von uns durchgeführten Aktionen und Ansätze nur jedem empfehlen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es ein engagiertes Team braucht, welches die Aktionen mit den Kindern umsetzt und die zahlreichen Vorzüge der regionalen Lebensmittel aus eigener Überzeugung an die Schülerinnen und Schüler weitergibt.

Das ganze Schulteam sollte dahinterstehen und das Thema Nachhaltigkeit immer im Blick behalten. Wir leben viele Facetten des Themas Nachhaltigkeit im Schulalltag:

  • wöchentliche Umweltziele, die durch Umweltdetektive überprüft werden
  • Schulgarten Sonnenblume
  • Jungimker-AG
  • Ernährungsprojekttage (Tag der Schulverpflegung, Erntefeste „Apfel“, „Gemüse“, „Kartoffeln“, „Getreide“)
  • Kinder helfen Kindern (Schuhkartons für Kinder in Osteuropa packen)
  • Aktionstage „Zu Fuß zur Schule“
  • Nachhaltigkeitsprojekte im „Morgencafé“ (Stofftaschen bemalen, Samenbomben, Erdkugel aus Pappmaché)
  • Schmetterlingszucht
  • Bauernhofbesuch
  • Energietheater „Prima Klima“

Sowohl durch die Rituale und Projekte, die uns durch das Jahr begleiten, als auch durch die jährlich wiederkehrenden Projekte ist die Nachhaltigkeit des Themenkomplexes „Globale Entwicklung“ an unserer kleinen Dorfschule sichergestellt. Ergänzend dazu freuen wir uns über jede eigene Projektidee, die Kinder diesbezüglich einbringen. Damit ist „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ unserer Schulkinder ein selbstverständlicher Teil unserer täglichen Arbeit in der Waldbachschule.

Im Hinblick auf Ernährungsbildung haben wir zwei Mitarbeiterinnen, die das Thema besonders im Blick haben – zum einen die Schulsozialarbeiterin Irina Beschnar, die mit den Kindern den Ernährungs­führerschein umsetzt, zum anderen Erika Volk, die auch für den Schulgarten verantwortlich ist. Sie initiieren auch häufig Projekte zur Ernährungsbildung und führen diese kooperativ mit den Kolleginnen durch.

Wichtig ist es, eine kindgemäße Grundausstattung an Utensilien zur Nahrungszubereitung vor Ort zu haben. Als Ganztagsschule mit AG-Angeboten aus diesem Bereich können Anschaffungen über dieses Budget finanziert werden.

Sehr hilfreich war für uns auch das Fortbildungsangebot der Sarah Wiener Stiftung „Ich kann kochen!“. Diese Fortbildung absolvierte ein großer Teil unseres Teams (Lehrkräfte, Ganztags­mit­arbeitende, Schulsozialarbeiterin) im Februar 2019 im Gemeindesaal der Kirche vor Ort. Im Rahmen der Fortbildung haben wir tolle Anregungen und Tipps rund um die Nahrungsmittel­zubereitung mit Kindern erhalten und können auf eine umfassende Rezeptsammlung zurückgreifen. Nachhaltigkeit wird hier ebenfalls großgeschrieben. So wird Schale von biologisch angebauten Gemüsesorten (z. B. Karotten) noch für Suppen verwendet oder Apfelschale für Wasser mit leichtem Apfelgeschmack – diese Ansätze lassen sich wunderbar mit dem Nachhaltigkeits­gedanken unserer Schule verbinden.

Sprechen Sie uns an!

Von Schule zu Schule

Persönlicher Erfahrungsaustausch

Sie möchten sich auch auf den Weg machen? Die Schulen der Praxisbeispiele teilen ihre Erfahrungen gerne mit anderen Schulen, die sich auch auf den Weg machen möchten. Sprechen Sie die Schulen an!

Kontakt

Die Waldbachschule teilt ihre Erfahrung gerne mit anderen Schulen, die sich auf den Weg machen möchten.

Andrea Böhme
Waldbachschule
Telefon: +49 6063 1252
E-Mail: waldbachschule.zell@odenwaldkreis.de

Zur Vertiefung: Schulalltag und Praxis

Schlagworte zum Thema