Offenen Schule Waldau (Kassel)

Verankerung nachhaltiger Kommunikationsstrukturen der Offenen Schule Waldau (Kassel)

Aus der Idee, dass alle Schülerinnen und Schüler der Ganztagsschule Offene Schule Waldau an der Mittagsverpflegung teilnehmen, folgte die Umsetzung. Wichtige Voraussetzung hierfür: die Verankerung einer nachhaltigen Kommunikationsstruktur aller an der Schulverpflegung beteiligten Personen.

Ein durchdachtes Mittagsessenskonzept bringt positive Effekte für alle Beteiligten.

Tanja Seibel und Manuel Coote Offene Schule Waldau

Eckdaten der Schule

Schule:                           Offene Schule Waldau

Schulprofil:                    Ganztagsschule im Profil 3

Anschrift:                        Stegerwaldstr 45, 34123 Kassel

Schulleitung:                 P. Dreher (stellv. Schulleiter)

Schulträger:                   Stadt Kassel

Schulart:                        Integrierte Gesamtschule

Schülerschaft:               Ca. 900 Schülerinnen und Schüler

Anzahl Essen pro Tag: 990 (+ Lehrerinnen und Lehrer)

Verpflegungssystem:   Frühstück (Obst, Brötchen), Milch, Mittagessen (Salatbar, Nudelbar, Pizza, Tagesgericht, Suppe, Wok, Nachtischbar)

Das Interview

Wie gelingt es, die Schulverpflegung nachhaltig zu verbessern und die Zufriedenheit und somit Akzeptanz des Angebots zu steigern? Mit diesen Fragen setzte sich die Offene Schule Waldau auseinander. Tanja Seibel, Stufenleiterin der Klassenstufen 7 und 8, und Manuel Coote, ehemaliger Schulleiter, berichten im Interview wie die Umsetzung gelungen ist. Ausschlaggebend war dabei die Verankerung einer nachhaltigen Kommunikationsstruktur.

Verankerung nachhaltiger Kommunikationsstrukturen, Akzeptanz des Verpflegungsangebots, Betrieb einer Bio-Schulmensa

Wir haben nachgefragt!

Die Akzeptanz und Teilnahme der Schülerinnen und Schüler am Essen hat sich über die Jahre deutlich verbessert. 2006 haben von unseren 860 Schülerinnen und Schülern nur 120 auch bei uns gegessen. Innerhalb eines Jahres stieg die Teilnahme am Essen auf 715 Schulkinder. Seit 2021 essen von unseren 910 Schülerinnen und Schülern alle bei uns.

Das Essen ist bei uns mittlerweile verpflichtend, so dass alle Schülerinnen und Schüler bei uns essen. Durch unser sehr attraktives Angebot mit verschiedenen Essensstationen besteht für alle eine große Auswahl. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei. An den einzelnen Stationen gibt es zwei täglich wechselnde Tagesgerichte sowie Pizza, Salat, Nudeln, Wok, Suppen und Nachtisch. Die Essen werden von den Caterern biond und nudelnudel angeliefert. Wir haben eine große Mensa und nutzen für die Mittagsverpflegung auch Sitzgelegenheiten in unserer Cafeteria und unserem Bistro.

Als Schule haben wir die Verpflegung priorisiert. Essen wird bei uns als Gemeinschaft gelebt. Neben den Schülerinnen und Schülern essen auch Lehrkräfte, Mitarbeitende aus der Verwaltung und Gäste, wie Studierende im Praktikum, bei uns. Die Essensräume sind zudem hell und freundlich gestaltet.

Wir haben einen, von Eltern getragenen, Mensaverein, indem auch die Schülerinnen- und Schüler­vertretung, die Schulleitung sowie Lehrkräfte vertreten sind. Dieser organisiert und koordiniert die Mittagsverpflegung, erstellt den Essensplan, kommuniziert mit den Eltern oder nimmt klassenweise Essensabmeldungen entgegen, wenn beispielsweise eine Klassenfahrt ansteht und verwaltet auch die Arbeitsverträge für unseren Koch und die acht Mensabediensteten. So können wir täglich 1200 Essen bereitstellen, womit wir auch unsere Grundschule beliefern.

Der Mensaverein trifft sich vier- bis sechsmal im Jahr. Zweimal jährlich finden die großen Mensa­vereinssitzungen statt, mit allen beteiligten Personen und auch unserem Schulträger. Die Stadt Kassel beteiligt sich mit einem Personalkostenzuschuss, wobei wir fast vollständig die Kosten für die Verpflegung durch unseren Mensabeitrag decken können. Den zahlen alle Eltern monatlich in Höhe von 45 Euro über eine Einzugsermächtigung. Durch dieses Vorgehen können wir auf Essensmarken oder Mensakarten verzichten. Die Schülerinnen und Schüler können sich so viel von dem Essen (nach)holen wie sie mögen. Unsere Gäste zahlen für die Teilnahme am Mittagessen 3,50 Euro in unserem Mensabüro.

Unser Schulkonzept sieht vor, dass sich die Lehrkräfte auch eigenständig in die Schulverpflegung einbringen und zum Beispiel im Mensaverein vertreten sind. Zudem übernimmt jede Woche eine andere Klasse den Mensadienst und hilft zur Mittagszeit mit. So erhalten die Schülerinnen und Schüler auch einen Einblick in die Abläufe der Schulverpflegung hinter den Kulissen. Der Mensaverein schreibt dazu die entsprechenden Klassenlehrkräfte an, wenn diese mit ihrer Klasse dran sind. An dem Tag erhalten alle eine Hygieneschulung durch den Koch. Um 11:30 Uhr ziehen sich alle, auch die Lehrkräfte, die bereitgestellte Kleidung an. Danach werden Gruppen eingeteilt und die Aufgaben zugewiesen beispielsweise zum Tische desinfizieren, an der Salatbarausgabe oder zum Spüldienst. Neben den zwei Klassenlehrkräften pro Klasse unterstützen auch zwei bis fünf Eltern die Schüler­innen und Schüler. Bevor mit dem Mensadienst gestartet wird, dürfen die Kinder als erstes Mittag essen und starten so gestärkt in ihren Dienst. Meistens sind die Schülerinnen und Schüler bis 13:30 Uhr oder 14:00 Uhr eingebunden. Danach haben sie dann Schulschluss. Die Kinder machen die Tätigkeiten überwiegend gerne und sind begeistert bei der Schulverpflegung mitzuwirken. Wir müssen keine speziellen Hygieneauflagen verfolgen, nur die die sowieso in einer öffentlichen Mensa gelten wie zum Beispiel das Tragen von Handschuhen und in der Corona-Zeit Masken.

Unsere Fünftklässler kochen zudem auch mit dem Mensaverein. Dadurch können wir die Akzeptanz der Kinder für das Essen steigern.

Die Schülerinnen- und Schülervertretung führt bei uns Umfragen zum Essen durch. Die Kinder und Jugendlichen haben auch die Möglichkeiten zwei- bis dreimal in der Woche in den Pausen den Raum der Schülerinnen- und Schülervertretung aufzusuchen und können dort Wünsche und Anregungen äußern. Zudem haben wir auch einen Kasten in denen schriftlich „Beschwerden“ geäußert werden können. Die Schülerinnen- und Schülervertretung trägt die Wünsche und Anregungen der Schülerinnen und Schüler in den Mensaverein. Wir versuchen die Bedürfnisse der Kinder bestmöglich abzudecken. Vor allem in der Corona-Zeit standen wir vor Herausforderungen, da die Schulverpflegung nur eingeschränkt möglich war. Generell können sich alle bei uns aussuchen, was und wie viel sie essen möchten und bei Bedarf auch einen Nachschlag holen. Während Corona waren die Schülerinnen und Schüler an ein vorher gewähltes Essen gebunden. Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass die Portionen oft zu klein waren, woraufhin wir die Portionsgrößen angepasst haben. Ein weiteres Beispiel war der Wunsch nach mehr Soßen. Wir haben unser Essensangebot entsprechend ausgeweitet und die Schülerinnen und Schüler können jetzt zwischen drei Soßen wählen.

Ein ausgewogenes, gesundheitsförderliches Schulessen das von allen akzeptiert wird, ist uns sehr wichtig – wir versuchen alle Beteiligten hierfür zu sensibilisieren und für unsere Werte aktiv einzustehen. Dazu trägt vor allem der Mensaverein durch einen regelmäßigen Austausch mit allen Beteiligten bei, wodurch Transparenz geschaffen wird. Auch die Schulleitung sowie unsere Lehrkräfte treten für unsere Mittagsverpflegung ein. Als Schule haben wir die Mittagsverpflegung an unserer Schule zu einer Priorität gemacht. Dabei stellt die Schulverpflegung keine Dienstleistung dar, die von externen angeboten und umgesetzt wird. Wir erfüllen mit unserem Konzept einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Durch den Mensadienst schaffen wir Bewusstsein bei den Schülerinnen und Schülern und geben ihnen die Möglichkeit sich als Gemeinschaft mit der Schule zu identifizieren, weil sie sich als Teil des Ganzen sehen. Es ist wichtig eine Schnittmenge zwischen den Essensvorstellungen der Schülerinnen und Schüler und einem gesunden Essen zu finden. Das Essen, die Gemeinschaft, müssen alle Beteiligten leben. Ein vielfältiges Angebot an Speisen mit viel Abwechslung und dem Hören der Wünsche von Schülerinnen und Schüler ist daher wichtig. Dabei legen wir aber auch Wert darauf, dass kulturelle Aspekte berücksichtigt werden, zum Beispiel in der Fastenzeit der muslimischen Kinder.

Wir beziehen auch die Eltern mit ein und nehmen Bedenken oder Anregungen ernst. Für die Eltern haben wir ebenfalls einen Kasten in der Schule aufgestellt, in dem sie Beschwerden und Anliegen äußern können. Wir haben auch extra eine E-Mail-Adresse eingerichtet, die zu diesem Zweck ver­wendet werden kann. Rückgemeldete Punkte werden dann meist auf Elternabenden thematisiert.

Geschmack ist etwas sehr Individuelles, was gerade beim Thema Schulverpflegung herausfordernd ist. Im Spannungsfeld der Anforderungen und Bedürfnisse besteht die Herausforderung darin, es allen recht zu machen und alle Anliegen einzubeziehen. Durch die große Vielfalt an Speisen, die wir anbieten, ist für jeden etwas dabei. Unser Mittagsessenkonzept setzt voraus, flexibel zu sein und dranzubleiben. Es ist wichtig, dass die Lehrkräfte auch für unsere Mensa und zum Beispiel den Mensadienst einstehen, mitmachen und somit ein Vorbild für die Schülerinnen und Schüler sind. Von besonderer Bedeutung ist auch eine gezielte Elternarbeit, in der das Schulverpflegungskonzept bekannt gemacht wird und durch die Sensibilisierung und Transparenz ein Verständnis dafür zu erhalten. Schließlich sind auch die Eltern ein Teil des Konzeptes, in dem sie ihre Kinder beim Mensa­dienst unterstützen.

Ein durchdachtes Mittagsessenskonzept bringt positive Effekte für alle Beteiligten. Wir konnten verschiedene Aspekte feststellen:

  • Förderung der Esskultur
  • Langfristiges Ändern der Essgewohnheiten
  • Bewusste Abfallvermeidung
  • Solidaritätseffekte in der Schulgemeinde
  • Zusammenwachsen der Klassen
  • Förderung des Schullebens durch Elternmitarbeit zum Beispiel beim Mensadienst, im Mensaverein, im Förderverein, bei Projektwochen oder im Ganztag

Bei der Umsetzung sollten sich alle bewusstmachen, dass nicht immer alles wie geplant laufen kann. Auch uns sind Hürden bei der Umsetzung begegnet, wie beispielsweise Corona mit eingeschränkten Möglichkeiten, ein Generationswechsel durch die neuen Lehrkräfte, die an das Konzept herangeführt werden müssen oder unserem Neubau der Schule. Dennoch sollte keine Angst davor bestehen, ein entsprechendes Essenskonzept gemeinschaftlich zu entwickeln und umzusetzen. Nutzen Sie es als Gelegenheit Zeit mit Ihren Schülerinnen und Schülern außerhalb vom Unterricht zu haben. Durch unser ausgefeiltes Mensakonzept bedarf es nicht noch vieler anderer theoretischer Exkurse. Wir LEBEN gemeinsames Essen und helfen alle beim Küchendienst.

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Von Schule zu Schule

Persönlicher Erfahrungsaustausch

Ein persönlicher, kollegialer Erfahrungsaustausch ist immer dann besonders wichtig, wenn Schulen vor dem nächsten Entwicklungsschritt stehen und Fragen zur Erfahrung in ähnlicher Situation haben.

Kontakt

Die Offene Schule Waldau teilt ihre Erfahrung gerne mit anderen Schulen, die sich auf den Weg machen möchten.

Tanja Seibel
Offene Schule Waldau
Telefon: +49 561 95081-0
E-Mail: Tanja.Seibel@schulen.kassel.de

Zur Vertiefung: Schulalltag und Praxis

Praxisleitfaden

Sechs Personen sitzen an einem Tisch und unterhalten sich; vor jeder Person ist eine Sprechblase in unterschiedlichen Farben abgebildet

Miteinander im Dialog

Schulverpflegung gemeinsam auf einen guten Weg bringen

Der IN FORM-Praxisleitfaden stellt Kommunikationsmodelle hessischer Schulträger vor und gibt praxisnahe und multiperspektivische Einblicke in die Erfahrungen von Schulträgern und Schulgemeinden.

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