Verschiedene Gemüsesorten, denen mit Strichlinien Arme und Hände gemalt wurden, und die durchs Bild laufen

Herstellung von Wachstüchern an der Gesamtschule am Gluckenstein (Bad Homburg)

2011 wurde die Gesamtschule am Gluckenstein mit dem Titel „Umweltschule“ durch das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie das Hessische Kultusministerium ausgezeichnet. Seitdem kommen kontinuierlich neue, kreative Projekte hinzu, um die Umwelt- und Nachhaltigkeitsbildung weiter auszubauen.

Lesedauer:4 Minuten

Als Baustein zu einer Bildung für nachhaltige Entwicklung stelle ich gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern der Bienen-AG wiederverwendbare Wachstücher her. Die Kinder und die Lehrkräfte waren von Beginn an begeistert.

Claudia Ludig Gesamtschule am Gluckenstein

Eckdaten der Schule

Schule:                           Gesamtschule am Gluckenstein

Schulprofil:                    Ganztagsschule im Profil 2

Anschrift:                       Gluckensteinweg 99, 61350 Bad Homburg

Schulleitung:                 Ursula Hartmann-Brichta

Schulträger:                   Hochtaunuskreis

Schulart:                        Kooperative Gesamtschule

Schülerschaft:               922 Schülerinnen und Schüler

Anzahl Essen pro Tag: Bis zu 250 täglich (hauptsächlich 5., 6. und 7. Klasse, teilweise auch 8. Klasse)

Verpflegungssystem:   Mischküche, Kochgruppen aus 30 Ehrenamtlichen kochen an vier Tagen pro Woche

Das Interview 

Claudia Ludig trägt mit der Leitung ihrer Bienen AG zur Bildung für nachhaltige Entwicklung an der Gesamtschule am Gluckenstein bei. Im Interview hat sie berichtet, welche Rolle selbst hergestellte Bienenwachstücher ihrer Schülerinnen und Schüler bei der Plastikvermeidung spielen.

Bildung für nachhaltige Entwicklung / Bienenwachstücher / Hessische Umweltschule

Wir haben nachgefragt!

An unserer Schule finden regelmäßig Nachhaltigkeitstage und zahlreiche Projekte statt. Seit 16 Jahren nehmen beispielsweise jeweils alle Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse mit ihren Klassenlehrerinnen und -lehrern an der Aktion „Sauberhafter Schulweg“ teil und sammeln Müll auf umliegenden Straßen und Wegen ein. Diese Aktion soll ein Bewusstsein dafür schaffen, wie groß das Müllaufkommen ist. Ein wesentlicher Schritt ist anschließend, die Müllvermeidung in den Blick zu nehmen.

Auf unserem Weg zur Hessischen Umweltschule haben wir Nachhaltigkeitsthemen weiter in unseren Schulalltag integriert. In diesem Zusammenhang wurde u. a. die Bienen AG gegründet und Kolleginnen riefen darüber hinaus eine Umwelt-AG ins Leben. Beide AGs sind an der Gesamtschule am Gluckenstein zudem fest als Wahlpflicht-Unterrichts-Programme integriert.

Die Umsetzung dieser Maßnahmen haben wir schriftlich dokumentiert und durch Fotos ergänzt. Eine Jury, die sich aus Vertretungen der betreuenden Umweltzentren z. B. Lehrkräften sowie Vertretungen des Hessischen Kultusministeriums (HKM) und des Hessischen Umweltministeriums (HMUKLV) zusammensetzt, hat dann über die Auszeichnung entschieden. Eine Verleihung der Auszeichnung Hessische Umweltschulen erfolgt dann durch die beiden Ministerien  HKM und HMUKLV.

Vor 9 Jahren kam ein Imker, Herr von Bernuth, auf unsere Schulleitung zu und fragte an, ob es eine Biologie-Lehrkraft gäbe, die Interesse daran hätte, den Kindern und Jugendlichen das Imkern und die ökologische Bedeutung der Bienen für unsere Natur näherzubringen.  Begeistert nahm ich mich dieses wichtigen Themas an und ließ mich durch Herrn von Bernuth zur Imkerin fortbilden, wobei er seine Erfahrung aus über 60 Jahren Tätigkeit als Imker weitergab. Anschließend zogen zwei Bienenstöcke auf das Gelände ein. Wir boten die Bienen-AG als Wahlpflichtfach für die Jahrgangsstufen 7-10 der Realschule sowie des Gymnasiums an. Die Schülerinnen und Schüler haben seitdem halbjährlich die Möglichkeit, die Bienen AG als 2-stündiges Wahlpflichtfach am Nachmittag zu belegen. Aufgrund meiner Erfahrung habe ich die Teilnehmendenzahl auf zehn Schülerinnen und Schüler begrenzt, sodass sich jede und jeder aktiv einbringen kann. Da das Interesse und die Nachfrage auch in den jüngeren Jahrgangsstufen hoch ist, baue ich, wann immer es passt, in meinen regulären Stunden sowie in den Vertretungsstunden ebenfalls Inhalte aus der Bienen-AG ein.

Die Kinder und Jugendlichen übernehmen alle Aufgaben, die im Laufe des Bienenjahres anfallen und werden dafür selbst aktiv. Das ist besonders wichtig, weil die (körperlichen) Aktivitäten eine schöne Abwechslung zum theoriebetonten Unterricht am Vormittag darstellen. Im Frühjahr kümmern sich die Schülerinnen und Schüler beispielsweise um die Aussaat von bienenfreundlichen Blumen auf dem Schulhof und der Umgebung. Später werden Bienenkisten gestrichen, Wachsplatten eingelötet, Kerzen gegossen und natürlich der eigene Honig geschleudert sowie abgefüllt. Dafür basteln wir in der AG Etiketten und entwerfen Flyer für den Verkauf unseres Honigs. Zudem stehen des Öfteren Honigverkostungen und Koch-Events an - letztere sind bei den Kindern und Jugendlichen besonders beliebt. Neben diesen praktischen Aufgaben gebe ich theoretischen Input zur Bienenhaltung, Bienensterben, den Aufgaben einer Imkerin bzw. eines Imkers sowie dem Aufbau von Bienenvölkern. Auf dem Weihnachtsmarkt wird der eigene Honig schließlich verkauft – oft inklusive einer Samentüte zur Aussaat für bienenfreundliche Blumen. 

Die Schülerinnen und Schüler lernen in der abwechslungsreichen AG den Wert und die Wichtigkeit von Bienen in Bezug auf Umweltschutz und Biodiversität kennen.

Auf Bienenwachstücher wurde ich zum ersten Mal bei dem Besuch eines Kunsthandwerkmarktes im Sommer 2018 aufmerksam. Kurz drauf fragte mich ein Schüler im Rahmen der Bienen AG, ob wir selbst Bienenwachstücher herstellen könnten. Die Schülerinnen und Schüler fingen daraufhin an zu experimentieren, wie sich die Produktion am einfachsten gestaltet: Wann wird das Wachs in den Stoff eingebügelt und welche Schritte werden durchlaufen? Zeitgleich kümmerte ich mich um die Beschaffung größerer Mengen von zertifiziertem, reinen Bienen-Wachs. Da wir neben diesem auch Stoffe benötigten, sammelten wir alte Tischdecken und Bettlaken von Mitschülerinnen und -schülern sowie Lehrkräften. Dieser Aufruf für Stoffspenden hat gleich zwei Vorteile: Sie sind kostenlos und bereits mehrmals gewaschen und somit frei von Rückständen. Das ist uns sehr wichtig, da schließlich Lebensmittel darin verpackt werden.

Die Bienenwachstücher können von den Kindern und Lehrkräften als umweltfreundliche und plastikfreie Alternative zu Alu- und Frischhaltefolien sowie Brottüten verwendet werden. Wir verkaufen sie anschließend auf dem Weihnachtsmarkt und an der Schule – die kleinen für 2 Euro, die größeren für 4 Euro. Durch diese Einnahmen können wir unsere Ausgaben decken, wobei unsere Preise im Vergleich zu Wachstüchern anderer Hersteller weitaus geringer ausfallen.

Die Akzeptanz und Nachfrage nach den Bienenwachstüchern war von Anfang an bei allen Beteiligten hoch. Als wir die Tücher auf dem Weihnachtsmarkt 2018 das erste Mal verkauften, waren sie im Handumdrehen vergriffen. Daher haben wir kurzerhand das Bügelbrett aufgebaut und vor Ort Nachschub produziert.

Zudem ist das Thema Plastik- und allgemein Abfallvermeidung sehr präsent an der Gluckensteinschule. Eine Kollegin organisiert beispielsweise regelmäßig Projekttage zum Thema Mikroplastik. Außerdem setzt sich die Umwelt AG sehr für Upcycling und Mülltrennung an der Schule ein. Da auch an Schulen vorab getrennter Müll am Ende gänzlich im Restmüll-Container landet, haben es sich zwei Lehrerinnen zur Aufgabe gemacht, die Mülltrennung an der Schule bis zum Schluss zu gewährleisten. Hierfür wurde ein Papiercontainer angeschafft, in den der Müllbring-Dienst, bestehend aus Schülerinnen und Schüler, seitdem eigenständig die Papierkörbe leeren. Als nächstes soll dieses Vorgehen analog auf den Plastikmüll übertragen werden: Die Anschaffung eines separaten Containers für Verpackungen ist in Planung.

Für die Mittagsverpflegung kochen Eltern und Angehörige ehrenamtlich an vier Tagen die Woche. Auch hier in der Schulverpflegung wird auf Nachhaltigkeit geachtet. So gibt es kein Einweg-Geschirr – Gläser, Teller, Besteck usw. werden gespült und wie zu Hause auch wiederverwendet. Zudem achten die Köchinnen und Köche bei der Speisenplanung und dem -einkauf auf Saisonalität und greifen – wo immer möglich – zu unverpackten und unverarbeiteten Lebensmitteln.

Unmittelbare Herausforderungen fallen mir nicht ein. Vielmehr kommt der Wunsch nach Nachhaltigkeit meist von Seiten der Schülerinnen und Schüler selbst. Die meisten Kinder haben bereits eine reflektierte Haltung zum Thema Nachhaltigkeit und bringen sich mit zahlreichen Ideen ein. Da ist es immer schön weitere Etappenziele zu beobachten.  

Ich rate jeder Schule, die Lust darauf hat, es einfach auszuprobieren. Meist genügt es, wenn eine Einzelne oder ein Einzelner den Anstoß gibt. Dann finden sich schnell weitere Menschen, die Ideen beisteuern oder anderweitig unterstützen.

Das gleiche gilt für die Zertifizierung zur Umweltschule. Der erste wichtige Schritt ist die Kontaktaufnahme zu einem der elf hessischen Umweltzentren. Diese stellen den Schulen Beraterinnen und Berater zur Seite, die sie im kompletten Prozess der Zertifizierung unterstützen und begleiten. Ich selbst arbeite ebenfalls für ein Umweltzentrum und bin Beraterin für andere Schulen, die Projekte planen oder sich direkt zur Umweltschule auszeichnen lassen möchten.

Meiner Meinung nach ist es von großer Bedeutung den Schülerinnen und Schülern eigene Verantwortung im Rahmen von Projekten und AGs zu übertragen. Sie denken ohnehin viel über ihre eigene Zukunft nach und packen daher gerne Dinge an, die nachhaltig und umweltverträglich sind. Ich habe für mich zudem herausgefunden, dass ich als Lehrerin Aufgaben nicht nur vormache, sondern stattdessen in den direkten Dialog mit den Schülerinnen und Schülern trete. Auf diese Weise feilen wir gemeinsam an neuen Ideen und überlegen, was wir als nächstes umsetzen können. Im Endeffekt übernimmt auf diese Weise jede und jeder Einzelne Verantwortung für die eigene, individuelle Zukunft.

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Kontakt

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Claudia Ludig
Gesamtschule am Gluckenstein
Telefon: +49 6173 7650
E-Mail: Ludig.Claudia@gag.hochtaunuskreis.net

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