Alexander-von-Humboldt-Schule

Das Bistro als Ort des Lebens an der Alexander-von-Humboldt-Schule (Aßlar)

Das Raumkonzept ist ein zentraler Bestandteil der Schulkultur und beeinflusst die Akzeptanz der Schulverpflegung. Wie die Gestaltung eines Bistros als Lern- und Lebensort der Schülerinnen und Schüler gelingt, zeigt der Schulleiter Peter Schmidt der Alexander-von-Humboldt-Schule Aßlar.

Der Weg zur Gesundheit führt durch die Küche, nicht durch die Apotheke.

Sebastian Kneipp

Eckdaten der Schule

Schule: Alexander-von-Humboldt-Schule Aßlar

Schulprofil: Ganztagesprofil 2

Anschrift: Schulstraße, 35614 Aßlar

Schulleitung: Peter Schmidt

Schulträger: Lahn-Dill-Kreis

Schulart: KGS mit Mittelstufenschule und eigenständigem Gymnasialzweig

Anzahl der Schülerinnen und Schüler: Ca. 900

Anzahl der Essen pro Tag: 50

Verpflegungssystem: Caterer
 

Das Interview 

Das Bistro der Alexander-von-Humboldt-Schule wurde im Jahr 2019 im Übergang der Schule in das Ganztagesprofil 2 neu ausgerichtet. Der Schulleiter Peter Schmidt gibt im Interview einen Einblick wie der Neubau des Bistros gelungen ist, welche Akteurinnen und Akteure beteiligt waren, was die Schule bei dem Raum- und Ausstattungskonzept berücksichtigt hat und wie die Pausen- und Mittagsverpflegung nun organisiert ist. 

Welche Herausforderungen und Gelingensbedingungen Herr Schmidt bei diesem großen Projekt begegnet sind lesen Sie in folgendem Text: 

Wir haben nachgefragt!

Die Alexander-von-Humboldt-Schule ist eine kooperative Gesamtschule mit dem Ganztagsprofil 2. Somit bieten wir auch nach Ende des Vormittagsunterrichts ein freiwilliges Pausen- und Mittagsangebot an. Wir verstehen Schule nicht nur als Lernbereich, sondern auch als Lebensbereich und möchten den Schülerinnen und Schülern sowie Eltern daher ein Angebot zum Fördern und Fordern bereithalten. 

Wir sehen es in unserer Verantwortung zu unterstützen, auch und gerade, wenn zuhause niemand ist, der beim Lernen unterstützen kann. Daher haben die Schülerinnen und Schüler über den Tag hinweg die Möglichkeit in AGs zu gehen, die an den Unterricht anknüpfen.

In unserem Bistro kann man ein warmes Mittagessen einnehmen, aber auch Kleinigkeiten essen. Die Schülerinnen und Schüler werden von 7:00 Uhr bis 14:00 Uhr mit Getränken und Snacks wie belegten Brötchen und Brezeln versorgt. Das Angebot von kleineren Speisen wird vor allem von den älteren Schülerinnen und Schülern gut angenommen. Ab 11:30 Uhr wird ein warmes Mittagsessen angeboten, das in der Küche von unserem Caterer frisch zubereitet wird.

Es stehen täglich drei Gerichte zur Auswahl: ein vegetarisches, eines mit Schweinefleisch und eines mit Rind- oder Hähnchenfleisch. Dazu gibt es immer einen Salat und einen Nachtisch. Ein Essen kostet 4,50 Euro. Die Schülerinnen und Schüler haben bei der Essensauswahl auch ein gewisses Mitspracherecht. Die Schülervertretung trifft sich einmal im Monat. Bei dieser Sitzung werden unter anderem Essenswünsche gesammelt, die Größtenteils unter der Berücksichtigung eines gesundheitsförderlichen Angebots umgesetzt werden.

Im Vorfeld erfolgt eine Anmeldung bis zur ersten großen Pause im Bistro – hier liegt ein Zettel bereit und es wird direkt vor Ort in bar gezahlt. Die Anmeldung kann auch im Voraus für eine ganze Woche oder länger erfolgen. Für die Essensausgabe vor Ort gibt es eine lange Theke. Auf der linken Seite ist die Ausgabe für Snacks wie belegte Brötchen und Brezel und auf der rechten Seite die Ausgabe für das Mittagsangebot. 

Durch den Zugang von beiden Seiten läuft der Prozess schneller ab und es bilden sich weniger lange Schlangen. Die Schülerinnen und Schüler stellen sich für das Mittagsangebot mit einem Tablett an und sagen, was sie bestellt haben. Anschließend können sie sich noch selbstständig ein Salat und ein Nachtisch nehmen. 

Da uns ein gesundheitsförderliches Angebot sehr wichtig ist, kann sich an der Wasserstation jederzeit gratis Wasser geholt werden. Bei Bedarf können sich die Schülerinnen und Schüler Essen nachnehmen. Dieses kommt aber eher selten vor, da die Portion für die meisten ausreichend ist. Für die Weiterentwicklung des Bistros haben wir geplant, ein Kartenbezahlsystem einzuführen, um den Ablauf im Bistro zu vereinfachen.

Anlass war der Übergang in das Ganztagesprofil 2. Der Schulträger war dadurch angehalten, ein Mittagessen anzubieten. Bis zu dem Zeitpunkt gab es in unserer Schule weder eine Mensa noch ein Bistro oder ähnliches. Diese Chance habe ich als Schulleiter genutzt, um in Zusammenarbeit mit einem Innenarchitekten und nach Besuch vieler lokaler Örtlichkeiten, an denen sich die Schülerinnen und Schüler in ihrer Freizeit gerne aufhalten, ein Gesamtkonzept zu erstellen. 

Das Konzept wurde vom Schulträger übernommen, der auch die Mittel zur Verfügung gestellt hat. Ich habe mir gemeinsam mit dem Innenarchitekten überlegt, wie das Bistro aussehen kann und was wir dafür brauchen. Das war mir besonders wichtig, denn gelingt die Gestaltung nicht, wird der Raum und damit die Verpflegung, unabhängig von der Qualität, nicht angenommen.

Wir hatten das Glück, dass an der Schule zu der Zeit auch andere bauliche Maßnahmen stattfanden. Es gab dadurch keine größeren Einschränkungen und das Bistro konnte an der zentralsten Stelle der Schule gebaut werden. Wir hatten auch die Möglichkeit, es direkt an den Innenhof anzubauen. Dadurch ist es hell und lichtdurchflutet. Zum Sommer hin können die Türen geöffnet werden und die Schülerinnen und Schüler halten sich auch draußen im Innenhof auf.

Als Schulleiter hatte ich die Hauptrolle und fungierte in den vorbereitenden Gesprächen als Vertreter der Schulgemeinde. Ich war an jeglicher Phase beteiligt und bei jeder Besprechung dabei.

Auch der Architekt, welcher für die Schule verantwortlich war und der Hausmeister haben immer teilgenommen. Mir war es wichtig, dass diese Akteure bei jeder Besprechung dabei waren, weil Sie über viele Dinge besser Bescheid wissen als ich und dieses Wissen insbesondere in der Planung von zentraler Bedeutung ist.

Der Schulträger hat einen Objektbetreuer gestellt. Dieser ist ebenfalls ein Architekt, der für mehrere Schulen zuständig ist und das Bindeglied zwischen Architekt, Schulleitung und Schulträger darstellt. Phasenweise, je nachdem wo die Umbauphase war, waren auch Fachschaften oder Fachbereichsleiter beteiligt.

Vertreterinnen und Vertreter der Schülervertretung, die Eltern und auch die Lehrkräfte waren ebenfalls phasenweise beteiligt. Mir war es wichtig, diese als Teil der Schulgemeinde teilhaben zu lassen. So konnten sie ihre Ideen und Anregungen miteinbringen, die nach Möglichkeit auch umgesetzt wurden.

Darüber hinaus habe ich Personen außerhalb der Schule um Rat gefragt. Aus dem Umkreis Wetzlar stand ich mit einer Person aus dem Innenausbau in Kontakt. Dieser hat mir neue Anregungen gegeben, die ich in den Besprechungen vorgestellt habe.

Das sind ganz schön viele Beteiligte, doch nur durch die Zusammenarbeit all dieser Akteure konnte die Konzeption und die Einrichtung realisiert werden. Gleichzeitig ist es eine wichtige Voraussetzung dafür, dass das Angebot des Bistros später auch akzeptiert und genutzt wird.

Als Schuleiter habe ich schon mehrere Schulen von innen gesehen. In einer Mensa öffnet sich ein riesiger Raum – Sie setzen sich irgendwo hin und fühlen sich eigentlich verloren. Es läuft ständig jemand hinter oder vor einem lang, es gibt keinen geschützten Raum und zusätzlich herrscht ein hoher Lärmpegel. Für viele Schülerinnen und Schüler ist die Mensa dadurch unattraktiv. Sie halten sich nicht lange dort auf und setzen sich nur schnell rein, um was zu essen und gehen dann wieder. Die Idee hinter dem Bistro war, einen Raum zu schaffen, der nicht nur dafür da ist, dass sich die Schülerinnen und Schüler etwas zu Essen holen, sondern an dem sie sich gerne aufhalten und miteinander ins Gespräch kommen. 

Ich habe mir überlegt, wo sie sich in ihrer Freizeit gerne aufhalten. Mir kamen dabei mehrere Bistros in den Sinn, die alle ein ähnliches Muster verfolgen. Der Unterschied ist die Ausstattung und farbliche Gestaltung und somit eine hochwertige und freundliche Ausstrahlung. Dieses Muster habe ich in meinem Bistro eins zu eins übernommen. Der Schlüssel zu einer akzeptierten Schulverpflegung ist für mich, die Schülerinnen und Schüler als Kunden zu verstehen und ein dementsprechend attraktives Verpflegungsangebot und gleichzeitig räumliches Konzept zu gestalten.

Über das Verpflegungsangebot hinaus bietet das Bistro gleichzeitig einen sozialen Raum, in dem die Schülerinnen und Schüler zusammenkommen. Sie machen gemeinsam ihre Hausaufgaben oder arbeiten an Projekten. Aufgrund der zentralen Bedeutung liegt unser Bistro nicht am Rande des Gebäudes oder im Keller, sondern mittendrin und ist somit das Herzstück unserer Schule.

Das Raum- und Ausstattungskonzept ist ganz klar das Besondere an unserem Bistro. Es muss ein Begegnungsort für die Schülerinnen und Schüler sein, wo man auch Essen kann. Es ist ein Raum, wo man sich trifft, redet und entspannt. Man kann allein oder in Gruppen, auf Stühlen, Hochstühlen oder Bänken sitzen, zusammen Hausaufgaben machen, Lernen oder sich über andere Themen austauschen und neue soziale Kontakte knüpfen. Oft bekommen wir das Feedback von den Schülerinnen und Schülern, dass es vor allem der Raum an sich und die gemütliche Atmosphäre ist, die sie so besonders mögen.

Die Raumgestaltung zeichnet sich vor allem durch den Look und die Anordnung aus. Es war uns wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler beim Sitzen einen geschützten Raum haben, in dem sie für sich sind und trotz dem Trubel etwas Ruhe herrscht. Dafür haben wir uns wie bereits erwähnt an dem Vorbild eines Bistros orientiert. 

Es gibt verschiedene Sitzmöglichkeiten, wobei wir sowohl bei der der Höhe als auch in der Anordnung variiert haben. Bei Tischen, die nebeneinanderstehen haben wir Sitzbänke gewählt, so können sich die Schülerinnen und Schüler umdrehen und mit den Personen der anderen Tischgruppen ins Gespräch kommen. Wenn Sie auf Stühlen sitzen, machen Sie das nicht. Zwischen den Tischgruppen ist gleichzeitig genug Platz, um sich am Tisch ungestört auszutauschen. 

Bei dem Mobiliar ist nicht nur die Anordnung von Bedeutung, sondern auch das Material. Die Sitzmöglichkeiten sind alle gepolstert, das erhöht den Komfort und lädt zum Verweilen ein. Bei dem Thema habe ich auch viel Gegenwind bekommen. 

Es wurde argumentiert, dass die Schülerinnen und Schüler das Polster beschädigen würden. Aus meiner Erfahrung kann ich allerdings berichten, dass die Schulgemeinde, wenn man ihnen hohe Qualität bietet, sie diese auch zu schätzen wissen. Die Theke hat keinen Edelstahllook wie in vielen Mensen, sondern erstrahlt in einem schwarzen matten Ton. Bei dem Fußboden haben wir uns für Parkett entschieden, dieser schafft eine Wärme und kreiert einen stylischen Look. Bei den Farben haben wir uns von anderen Bistros aus der Ortschaft inspirieren lassen. Ein besonderer Eye-Catcher sind die knalligen grünen und gelben Wandfarben, sie bringen ebenfalls eine Wärme in den Raum und geben ihm einen modernen Look.

Aktuell wird das Thema Ernährung in den Fächern Biologie und Sport behandelt. Darüber hinaus holen wir externe Personen als Unterstützung in die Schule, die Themen wie eine gesunde und nachhaltige Ernährung beispielsweise mit Hilfe einer Ernährungspyramide behandeln. 

Seit ein paar Wochen haben wir auch eine Gesundheitsfachkraft an unserer Schule, die sämtliche Themen vom erste Hilfe Kurs bis hin zur gesunden Ernährung abdeckt. Diese ist auch ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin und verfügt dadurch über ein Fachwissen, das über das Wissen der Lehrkräfte hinausgeht. Durch diese Fachkraft erhoffen wir uns, dass das Thema gesunde und nachhaltige Ernährung einen höheren Stellenwert an unserer Schule erlangt.

Die größte Herausforderung für uns ist das Spannungsfeld Preis und Qualität. Der Preis eines Schulessens wird von den Marktpreisen und dem Caterer festgelegt, da der Schulträger das Schulessen subventioniert, ist dieser ebenfalls an der tatsächlichen Preisbildung beteiligt. 

Wir möchten einen größeren Fokus auf die Aspekte Gesundheit, Regionalität, Saisonalität und Bio legen und diese in unser Essensangebot integrieren. Zu Beginn lag der Preis bei 4,00 Euro. Bei diesem Preis für ein Essen sind die Aspekte für den Caterer nur schwierig umsetzbar. Daraufhin bin mit dem Schulträger und weiteren Personen ins Gespräch gegangen, sodass wir den Preis unter Berücksichtigung einzelner Aspekte einvernehmlich auf 4,50 Euro erhöhen konnten. 

Diese Herausforderung zeigt, dass Schulverpflegung nicht allein in der Verantwortung eines Einzelnen oder des Schulleiters liegt. Das Angebot wird von vielfältigen Faktoren bestimmt, auf die teilweise keinen Einfluss genommen werden kann. In jedem Fall bedarf es einem regelmäßigen Austausch zwischen allen Beteiligten, um im Gespräch zu bleiben, Maßnahmen zu evaluieren sowie neue Ziele festzulegen und diese zu verfolgen.

... die die Raumgestaltung ihrer Mensa beziehungsweise Bistros neu ausrichten möchten? Was sind Gelingensbedingungen?

Das Wichtigste ist meiner Meinung nach kein Schnellschuss. Überlegen Sie genau, was Sie möchten und was Ihnen als Schule und vor allem den Schülerinnen und Schülern wichtig ist. 

Ich bin durch umliegende Ortschaften gefahren und habe Bilder von verschiedensten Bistros gemacht, an denen sie sich aufgehalten haben. Diese habe ich dann verglichen und mir aufgeschrieben, welche Gemeinsamkeiten vorliegen. Darüber hinaus würde ich empfehlen, bei benachbarten Schulen nachzuforschen, wo es in der Umgebung einen Innenarchitekten oder -ausstatter gibt, der einem helfen kann, einen Entwurf zu erstellen. 

In einem digitalen Entwurf kann das Mobiliar genau eingefügt werden, darüber hinaus ist es aber auch wichtig Kleinigkeiten wie Steckdosen zu berücksichtigen, damit beispielsweise die Handys aufgeladen werden können. 

Um alles zu beachten, empfehle ich deshalb ausdrücklich sich Zeit zu lassen, alle Akteure ins Boot zu holen und auch keine Scheu zu haben, in der Eltern- und Schülerschaft nachzufragen. Es braucht einen langen Atem und ist auch nicht immer einfach, aber es lohnt sich!

 

Ich finde es sehr schön, dass unser Bistro durch die Unterstützung des Caterers vor Ort vielfältig genutzt werden kann. Abgesehen vom Essensangebot für die Schülerinnen und Schüler dient das Bistro auch an verschiedenen internen Veranstaltungen wie Konferenzen oder Geburtstagen von Kollegen oder Kolleginnen als zentraler Ort. Durch den Caterer haben wir die Möglichkeit sowohl für die externen Gäste als auch für interne Veranstaltungen belegte Brötchen und Kuchen anzubieten.

Aufgrund der großen Aula haben wir für alle auch immer ausreichend Platz. Für externen Besuch in der Schule haben wir ein Teil des Betons ausgefräst und Glas eingebaut – das ermöglicht es, auch vom Flur aus einen Eindruck in das Bistro erhalten zu können. 

Die Leute schauen rein und sagen, wie schön es dort drin aussieht. Diese Worte erfreuen mich als Schulleiter besonders und bestätigen den Erfolg des Konzeptes: Ein Bistro als zentraler Lern- und Lebensort.

Bildergalerie: Einblicke in das Bistro der Alexander-von-Humboldt-Schule 

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Peter Schmidt
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